Das SED-Unrechtsbereinigungsgesetz
Am 1. Juli 2025 traten wichtige Änderungen für die Opfer politischer Verfolgung in der ehemaligen DDR in Kraft, die kurzfristig zu einer weitreichenden Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage führen.
Das »Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR und zur Änderung weiterer Vorschriften« (BGBl. 2025 I Nr. 63 vom 28.02.2025) sieht wesentliche Verbesserungen bei der Rehabilitierung und Entschädigung von Opfern politischer Verfolgung in der SBZ und DDR vor. Hierzu gehören insbesondere die einmalige Erhöhung und die jährliche Dynamisierung der »Opferrente« für die politischen Häftlinge von derzeit 330 Euro auf 400 Euro und die Abschaffung der Bedürftigkeitsprüfung.
Darüber hinaus sollen auch die Ausgleichsleistungen für beruflich Verfolgte einmalig erhöht und jährlich an die allgemeine Rentenentwicklung angepasst sowie ein bundesweiter Härtefallfonds errichtet werden. Nachdem viele Betroffene jahrzehntelang erleben mussten, dass sie mit ihren Anerkennungsverfahren scheitern, wird nunmehr eine Vermutungsregelung bei der Anerkennung verfolgungsbedingter Gesundheitsschäden der SED-Opfer eingeführt. Zudem sollen auch Zwangsausgesiedelte und Opfer, die von Zersetzungsmaßnahmen außerhalb der DDR betroffen waren, Entschädigungsleistungen erhalten.
Sozialministerin Petra Köpping: »Wir haben seit vielen Jahren mit den Betroffenen vehement für diese Verbesserung gekämpft, um sie wirksam zu unterstützen und damit ein Stück mehr Gerechtigkeit zu erreichen. Mit dem SED-Unrechtsbereinigungsgesetz, das die Tragweite politisch motivierter Verfolgung in der DDR wiederholt anerkennt und gleichzeitig die Versorgung der Betroffenen auf eine neue Grundlage stellt, wird die Solidarität, das Miteinander, die Demokratie und der gesellschaftliche Zusammenhalt in unserem Land deutlich gestärkt. Der Freistaat Sachsen, mein Haus und ich persönlich werden auch in Zukunft alles daransetzen, um Opfer politischer Verfolgung in der ehemaligen DDR so gut wie möglich zu unterstützen und gleichzeitig an das ihnen widerfahrene gesellschaftliche Unrecht zu erinnern, um zukünftiges politisches Unrecht zu verhindern und demokratisches Handeln zu fördern.«
- Es wird ein bundesweiter Härtefallfonds für SED-Opfer bei der Stiftung für ehemalige politische Häftlinge unter der Aufsicht der Bundesbeauftragten für die Opfer der SED-Diktatur beim Deutschen Bundestag (SED-Opferbeauftragte) durch Schaffung eines neuen Haushaltstitels sowie durch Erlass von Billigkeitsrichtlinien durch die SED-Opferbeauftragte eingerichtet.
- Die Anerkennung von verfolgungsbedingten Gesundheitsschäden wird durch eine kriterienbasierte Vermutungsregelung vereinfacht; vgl. § 21 Abs. 6 StrRehaG, § 3 Abs. 6 VwRehaG.
- Medizinisch ist es einerseits gesicherter Erkenntnisstand, dass SED-Haftopfer deutlich häufiger an bestimmten Krankheiten (z. B. an Depressionen, Angststörungen, Herzinsuffizienz, Lungenkrankheiten) leiden als Vergleichsgruppen aus der Allgemeinbevölkerung. In der Praxis gibt es aber bisher große Probleme bei der Leistungsgewährung: Auch wenn Betroffene als politische Häftlinge anerkannt und formell rehabilitiert sind, werden ihnen Leistungen nach dem SGB XIV (Soziale Entschädigung: Krankenbehandlung, aber auch z. B. Renten) häufig verwehrt. Sie scheitern im versorgungsrechtlichen Verfahren, weil der Kausalzusammenhang zwischen den Haftbedingungen in der DDR und dem heutigen Gesundheitsschaden nach so langer Zeit häufig nicht mehr belegt werden kann.
- Nun ist vorgesehen, dass beim Vorliegen bestimmter schädigender Ereignisse und bestimmter gesundheitlicher Schädigungen die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs vermutet wird. Was als schädigendes Ereignis bzw. gesundheitliche Schädigung im Sinne des Gesetzes gilt, wird unter Beachtung der aktuellen Forschung, durch Rechtsverordnungen des Bundesministeriums der Justiz im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales sowie im Benehmen mit der Bundesbeauftragten für die Opfer der SED-Diktatur beim Deutschen Bundestag bestimmt.
Zersetzungsmaßnahmen außerhalb der DDR (§ 1a Abs. 2 Satz 3 VwRehaG)
- Auch Personen, die außerhalb des Beitrittsgebiets Opfer einer Zersetzungsmaßnahme wurden, sollen die für Zersetzungsopfer vorgesehene Einmalzahlung in Höhe von 1.500 Euro erhalten können.
Leistung für Opfer von Zwangsaussiedlung (§ 1a Abs. 2 Satz 1, 2 und 4 VwRehaG)
- Betroffene von Zwangsaussiedlungen erhalten einen Anspruch auf eine einmalige Leistung in Höhe von 7.500 Euro. Etwaige Leistungen, die im Zusammenhang mit der damaligen Zwangsaussiedlung bereits gewährt wurden, bleiben unberücksichtigt.
Erhöhung der Ausgleichleistungen und Dynamisierung (§ 8 Abs. 1 Satz 1 und 2 BerRehaG)
- Die Ausgleichsleistungen für beruflich Verfolgte werden einmalig von 240 Euro auf 291 Euro erhöht sowie ab 2026 an die allgemeine Rentenentwicklung angepasst.
Keine Absenkung der Ausgleichsleistungen bei Renteneintritt (§ 8 Abs. 1 BerRehaG)
- Die Ausgleichleistungen werden bei Eintritt in die gesetzliche Rentenversicherung nicht mehr gesenkt.
Reduzierung der Mindestverfolgungszeit (§ 8 Abs. 2 Satz 1 BerRehaG)
- Die erforderliche Mindestverfolgungszeit als Voraussetzung für Ausgleichsleistungen wird von drei Jahren auf zwei Jahre herabgesetzt.
Bedürftigkeitsprüfung ohne Anrechnung von Partnereinkommen (§ 8 Abs. 3 BerRehaG)
- Beruflich Verfolgte erhalten nur Ausgleichsleistungen, wenn sie wirtschaftlich bedürftig sind. Dabei wird künftig das Partnereinkommen nicht mehr berücksichtigt.
Zweitantragsrecht (§ 1 Abs. 6 StrRehaG)
- Personen, deren Antrag auf strafrechtliche Rehabilitierung unter der Geltung einer früheren (für den Betroffenen ungünstigeren) Rechtslage rechtskräftig abgelehnt wurde, können nunmehr bei späteren gesetzlichen Änderungen im Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz zugunsten des Betroffenen erneut einen Antrag auf strafrechtliche Rehabilitierung stellen.
Erhöhung der SED-Opferrente und Dynamisierung (§ 17a StrRehaG)
- Die SED-Opferrente wird einmalig von 330 Euro auf 400 Euro erhöht sowie ab 2026 an die allgemeine Rentenentwicklung angepasst.
Verzicht auf die Bedürftigkeitsprüfung
- Für den Erhalt der SED-Opferrente soll künftig der Nachweis der wirtschaftlichen Bedürftigkeit entfallen; vgl. § 17a StrRehaG.
- Auch für den Erhalt der Unterstützungsleistungen für jene Haftopfer, die weniger als 90 Tage in politischer Haft waren, oder für nächste Angehörige, soll ferner der Nachweis der wirtschaftlichen Bedürftigkeit entfallen (§ 18 Abs. 1 Satz 1 StrRehaG).
Unterrichtungspflicht für den Fall des Todes des Betroffenen (§ 18 Abs. 3 StrRehaG)
- Die SED-Opferrente ist nicht vererbbar. Nach dem Tod des Berechtigten können nächste Angehörige unter bestimmten Voraussetzungen dennoch Unterstützungsleistungen erhalten. Für Todesfälle nach dem Inkrafttreten des Gesetzes werden die zuständigen Behörden verpflichtet, die nächsten Angehörigen über diese Leistungen zu informieren.